Ein Rückblick auf 60 Jahre Kultur und Brauchtum im Rhönklub Zweigverein Oberweißenbrunn

Von Edgar Enders, unterstützt von Oswald Kehm, Egon Eisenmann und Ralf Roth

Die Geburtsstunde des Rhönklubzweigvereins Oberweißenbrunn schlug eigentlich bereits im Jahre 1948. Damals hoben einige Männer in unserem kleinen Rhöndorf den „Verein der Bergfreunde“ aus der Taufe. In einem der ersten Protokolle wird als Motivation den Verein zu gründen ein Werteverfall bei der Jugend angeführt, dass nämlich die Jugend als Folge der Kriegswirren verrohe und zu etwas Idealem nicht mehr zu gebrauchen sei“ und dass man dagegen etwas tun wolle...

An Silvester 1949 beschloss man, sich einem Dachverband anzuschließen und dem Rhönklub als Zweigverein beizutreten. Am 5.1.1950 war es dann soweit, es wurde zur Gründungsversammlung eingeladen und 42 Interessierte erschienen.

Dem ersten Vorstand gehörten nach der Wahl Josef Müller als 1.Vorsitzender, sein Stellvertreter Josef Kirchner, Berthold Schäfer als Kassierer, Karl Jessenberger als Schriftführer, Erich Schäfer als Wanderwart, Berthold Schmidt als Wegewart, Alois Enders als Jugendwart und Helmut Abert als Vergnügungswart an.

Der neu gegründete Verein entwickelte eine rege Aktivität, unter anderem wurde von Anfang an das Theaterspielen gepflegt. Bei der Generalversammlung am 28.1.1953 war der Verein schon auf 58 Mitglieder angewachsen. Im Protokollbuch sind aus dieser Zeit durchaus interessante Einträge zu lesen. So ist z.B. vermerkt, dass der 1.Vorsitzende und der Kassierer bei dieser Versammlung eine heftige Auseinandersetzung hatten, weshalb sie schließlich ihre Ämter niederlegten. Aber diese Differenzen wurden“, so das Protokollbuch weiter, „mit einigen Litern Bier weggespült und nach der Neuwahl blieb alles beim Alten“.

Ab Anfang 1954 tauchen im Protokollbuch die ersten Aktivitäten der Skiabteilung des Rhönklubzweigvereins Oberweißenbrunn auf. Im Februar 1954 wurde der Bau der Schachenbergschanze „angeregt“ . Mit „flüssigen Lockmitteln“ sei eine amerikanische Pioniertruppe überzeugt worden, mit schweren Geräten die ersten Bodenbewegungen an der Schanze durchzuführen. Den Sprungturm bauten dann Florian Reulbach und Leo Vorndran.

Auf dieser Sportanlage wurden ab 1958 jahrelang regionale und überregionaleWettkämpfe ausgetragen. Große sportliche Erfolge feierte der Rhönklubzweigverein Oberweißenbrunn in den Folgejahren aber auch im Langlauf und im alpinen Bereich.

 

Im Jahr 1957 wird im Protokollbuch dann plötzlich über „Interessenlosigkeit im Verein“ geklagt. Wörtlich ist zu lesen: „Leider macht sich im Rhönklub eine gewisse Interessenlosigkeit breit, die, wenn sie nicht aufgehalten werden kann, zum Zerfall des Vereins .... führen könnte. Die einzigen aktiven Mitglieder, die noch ein bisschen Interesse zeigen, sind diejenigen von der Wintersportabteilung...“

In einem späteren Eintrag im Protokoll aus dem Jahr 1957 steht zu lesen: „Die heutige Motorisierung ist leider unserem Wanderverein zum Verhängnis geworden. Mit den Kilometerfressern wird an Sonn- und Feiertagen in die Lande gefahren. Keiner denkt mehr daran, eine schöne Wanderung über unsere Rhönberge zu machen“.

Die Hoffnung, dass das „eine Zeiterscheinung“ sei, „die hoffentlich bald vorüber ist“ hat sich dann aber offensichtlich erfüllt. So nahmen an einer Wanderung am 16.05.1965 entlang der früheren Gemarkungsgrenze im Truppenübungsplatz 50 Wanderfreunde, alle aus Oberweißenbrunn, teil. Die Wanderung am 01.Mai 1967 wurde von 41 Teilnehmern bestritten. Die Wanderung um den Dreistelz im Jahr 1968 begeisterte mehr als 50 Teilnehmer.

Highlights in diesen Jahren waren zum Beispiel die Altherrenskitage an der Schachenhecke, aber auch die Schülerskitage an gleicher Stelle, die viele Teilnehmer und Besucher anzogen.

Die Weihnachtsfeiern des Rhönklubs (mit großer Tombola) waren jahrelang ein gesellschaftlicher Höhepunkt im dörflichen LebenInzwischen hatte am 8.12.1964 Josef Müller sein Amt als Gründungsvorstand niedergelegt, Florian Reulbach folgte im Amt des 1.Vorstands.Ende 1966 ging dann die Verantwortung für die Entwicklung des Vereins an Adalbert Prüller über, der dieses Amt bis April 1984 verantwortungsvoll wahrnahm.In den 70-iger Jahren finden sich in den Büchern. dann auch erste Einträge zu Fahrten nach Österreich

Im Februar 1982 löste sich die Skiabteilung innerhalb des Rhönklubzweigvereins Oberweißenbrunn, die den Namen des Vereins durch sportliche Erfolge im weiten Umkreis bekannt gemacht hatte auf, weil ein eigenständiger Wintersportverein Oberweißenbrunn gegründet wurde.

1984 wurde Otto Schaller als 1.Vorstand gewählt, er blieb 22 Jahre lang in dieser Funktion und vertrat den Rhönklubzweigverein sehr engagiert und überaus ideenreich. In dieser Zeit kamen z.B. Wanderungen - so weit die Füße tragen, das Familienpicknick am Erlich (Eintrag im Protokollbuch:

Wilhelm Fuß spielte Schifferklavier, und wir sangen Heimatlieder. Die Kleinsten kizzerten am Feuer), die Fahrten ins Blaue neu ins Programm. Aber auch etliche Skiwanderungen wurden unter großer Beteiligung durchgeführt. Vielen bleiben die Fahrten nach Filzmoos am Dachstein in lebhafter Erinnerung.

Im Jahr 2006 übernahm der heutige Vorsitzende Oswald Kehm den Führungsstab von Otto Schaller. In den letzten Jahren bis heute fand  ein Generationenwechsel in der Vorstandschaft statt. Alte und langjährige Vorstandsmitglieder blieben zunächst in Verantwortung, führten ihre jüngeren Nachfolger in die Vorstandsarbeit ein und übergaben ihnen dann die Verantwortung.

Im Jahr 2010 feierte der Rhönklub sein 60-jähriges Bestehen.

Der Rhönklub und seine Verbindung mit der Kirchengemeinde

Laut Satzung des Rhönklubs sind die Pflege und Erhaltung von Tradition, Brauchtum, Kultur und dörflichem Miteinander und der Schutz und die Erhaltung unserer Rhöner Heimat immer die zentralen Anliegen  des Vereins gewesen. In diesem Zusammenhang sind die Angebote für Kinder, Jugendliche, Erwachsene und für die Familien zu verstehen. Aufgrund dieser satzungsmäßigen Aufgaben des Vereins und aufgrund der ursprünglichen Motivation für dessen Gründung (siehe oben) hat der Rhönklub natürlich immer eine enge Verbindung zum kirchlichen Leben im Dorf gesehen und gepflegt.

Dabei war der Anfang  wohl auch von Irritationen begleitet. Die ersten Aktivitäten des Rhönklubs im Theaterspielen schienen der Geistlichkeit nicht gefallen zu haben. Im Protokollbuch  ist zu lesen: „Das erste Theaterstück „Die Wilderer in der Teufelsschlucht“ fand sehr großen Anklang bei seinen Publikum. Von Seiten der Geistlichkeit aber stieß man anfangs auf Ablehnung was sich jedoch mit der Zeit legte, da man auch von Seiten des Rhönklub nur auf eine gute Zusammenarbeit mit kirchlichen Stellen bedacht war“.

Bald schon stellte sich der Rhönklub mit seinem Theaterspiel aber in den Dienst der Kirchengemeinde. Nachdem im Krieg auch in Oberweißenbrunn die zwei großen Kirchenglocken vom Turm geholt worden waren, unterstützte der Rhönklub die Finanzierung neuer Glocken durch die Aufführung eines Theaterstücks mit dem Titel: “Der Glockenguss von Breslau“. Der Erlös ging an die Kirchengemeinde.

Im Dezember 1950 stellte der Rhönklub den Weihnachtsbaum am Muttergottesbild auf, im Jahr 1952 floss der Erlös einer Christbaumverlosung als Spende für die Anschaffung einer elektrischen Christbaumbeleuchtung an die Kirche.

Im Jahr 1965 sammelte der Rhönklub Geld (170,00 DM) für die Anschaffung einer neuen mobilen Verstärkeranlage. Das Kloster Kreuzberg schoss 100 DM zu, von der Kirchenkasse kamen noch einmal 40 DM. Der Transportwagen für dieses Gerät wurde von Rhönklubmitgliedern in Eigenleistung zusammengebaut. In einem schriftlichen Vertrag vom 29.04.1965 wurde vereinbart, dass die Anlage ins Eigentum der Kirchengemeinde übergeht, dass aber der Rhönklub, die Feuerwehr und das Kloster Kreuzberg zu genau festgelegten Anlässen das Gerät nutzen durften.

Immer wieder tauchen in den Protokollbüchern und Wanderplänen regionale und überregionale kirchliche Veranstaltungen auf, die der Rhönklub besuchte. So wurde im Jahr 1953 eine Wanderung zum großen Landjugendtreffen am Kreuzberg organisiert.

Auch in der jüngeren Geschichte des Rhönklubs war die Teilnahme am religiösen Leben selbstverständlich.